Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.

Der Wassersportmarkt 2019 bleibt stabil - Erste Wolken am konjunkturellen Himmel

Erste Wolken am konjunkturellen Himmel

Allgemeiner Überblick – Internationale Lage

Die maritime Wirtschaft in Europa befindet sich nun im 7. Jahr auf Wachstumskurs.

Trotz der zunehmenden Unsicherheiten, hervorgerufen durch Handelsauseinandersetzungen und Marktabschottungen prognostiziert die EU Kommission ein BIP-Wachstum im Euro-Währungsgebiet von unverändert 1,2%, während die Prognose für 2020 angesichts des für die restlichen Monate dieses Jahres erwarteten verminderten Wachstumstempos leicht auf 1,4 % gesenkt wurde (Frühjahrsprognose: 1,5 %).

Die BIP-Prognose für die EU insgesamt bleibt mit 1,4 % im Jahr 2019 und 1,6 % im Jahr 2020 unverändert. Die Binnennachfrage, insbesondere der Konsum der privaten Haushalte, sei, so die Kommission, weiterhin ein Motor für das Wachstum in Europa.

Allerdings profitieren nicht alle Mitgliedsstaaten gleichermaßen von dieser positiven Entwicklung. Ausgerechnet die Konjunkturlokomotive der letzten Jahre, Deutschland, hat deutlich an Fahrt verloren. Die Bundesregierung rechnet für 2019 für einem Zuwachs des BIP von 0,5% und für 2020 mit 1,5%. Die Wirtschaftsforschungsinstitute sind da deutlich vorsichtiger und prognostizieren für das kommende Jahr ein Wachstum um 1%.

Die maritime Wirtschaft in Europa hat von dieser langjährigen Wachstumsphase profitiert. Die marktführenden Werften befinden sich nach einer langen Durststrecke bereits seit geraumer Zeit wieder in der Gewinnzone und investieren kräftig in neue Modelle. Die aktuell gute Lage, in der sich die internationale maritime Wirtschaft befindet, zeigt sich auch auf der weltführenden Wassersportfachmesse boot Düsseldorf: Die boot wird noch internationaler und wächst weiter. Letzteres gilt gleichermaßen für die Ausstelleranzahl und die gebuchte Fläche.
 

Allgemeiner Überblick – Deutscher Markt

Nach einer sehr erfolgreichen boot Düsseldorf 2019 ist die deutsche Wassersportwirtschaft mit voller Kraft in die Saison 2019 gestartet. Eine Konjunkturumfrage zur Jahresmitte zeigt, dass die Unternehmen mit der Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr 2019 zufrieden waren.
 

 


Gleichwohl zeigen die Umfrageergebnisse seit 2017 einen deutlichen Trend. Wurde die aktuelle Geschäftslage 2017 noch von knapp 87% positiv bewertet, sind es in diesem Jahr lediglich noch 74%. Eine gewisse Erosion der Konjunktur ist also unübersehbar.

Die allgemeinen Wirtschaftsdaten bestätigen diesen Trend. Zwar verkündete das Bundesministerium für Wirtschaft im Juni noch stolz, dass die deutsche Wirtschaft nun im 10. Jahr in Folge wachse. Tatsächlich rechnet das Ministerium für 2019 aber nur noch mit einem minimalen Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsproduktes um 0,5%. Weniger positiv gestimmte Naturen würden hier wohl eher von Stagnation als von Wachstum sprechen.

Wichtigste Stütze der Konjunktur ist aktuell die Binnennachfrage. Er bleibt abzuwarten, ob die negativen Nachrichten über die weltwirtschaftliche Entwicklung und die zunehmend instabiler werdende politische Lage die Verbraucher verunsichern und Einfluss auf deren Konsumneigung haben werden. Die Messesaison 2019/2020 wird zeigen, ob diese Stimmung auf die maritime Branche durchschlagen wird.

Noch aber profitiert die Branche von der positiven Stimmung, die die Branche nach einem guten Geschäftsjahr 2018 mit in die neue Saison genommen hatte. Das Geschäftsjahr 2019 wird die Erwartungen erfüllen. Der Gesamtumsatz an maritimen Gütern und Dienstleistungen wird zum Jahresende auf 2,16 Mrd. Euro geschätzt. Dies entspricht einem Zuwachs von knapp 3% gegenüber dem Vorjahr.
 

Boote und Yachten werden immer größer

Weiterhin im Trend liegen größere Motor- und Segelyachten. In der Kategorie der Boote über 12m Länge berichten 91% der Segelboot- und 90% der Motorboothändler von gleichbleibend guten Geschäften. Das bestätigen auch die Finanzdienstleister und Versicherer. Das Abschlussvolumen nimmt zu, die Abschlüsse selbst werden tendenziell eher weniger.

Katamarane bleiben ebenfalls stark nachgefragt. Lieferzeiten von einem Jahr und mehr sind keine Seltenheit mehr. Katamarane werden längst nicht mehr ausschließlich im Mittelmeer oder der Karibik stationiert, sondern finden sich zunehmend auch in der Ostsee. Allerdings fehlt es hier noch an der entsprechenden Infrastruktur. Darauf werden die Hafenbetreiber in den kommenden Jahren reagieren müssen.

Von der allgemein guten Nachfrage im Bootsbereich gibt es allerdings eine Ausnahme: Sportboote bis 7,5 m Länge. Hier berichten fast 1/3 der Unternehmen von Umsatzeinbußen. Ausgerechnet der Primus der vergangenen Jahre hat ein wenig Federn lassen müssen. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Ein Grund könnte sein, dass eine gewisse Marktsättigung eingetreten ist. Insbesondere der Bereich der kleineren trailerbaren Boote hat von der im Jahr 2012 eingeführten Führerscheinfreigrenze von 15 PS profitiert und für viele Neueinsteiger in den Bootssport gesorgt. Es ist offensichtlich, dass dieser Sondereffekt inzwischen abebbt. Im führerscheinfreien Bereich ist der Absatz an Außenbordmotoren in den ersten 9 Monaten 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 6% gesunken. Entsprechend fällt die Konjunktureinschätzung der Bootsmotorenhändler aus. 1/3 der Händler berichten von Umsatzrückgängen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
 

Bootsexporte: Deutsche Hersteller bleiben erfolgreich

Auf internationalem Parkett bleiben die deutschen Bootshersteller erfolgreich. Im 1. Halbjahr 2019 wurden insgesamt 4.961 Boote und Yachten im Wert von 166,3 Mio. Euro exportiert. Das entspricht wertmäßig einem Zuwachs von 4,6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Stückzahlmäßig ergibt sich allerdings ein Rückgang von 13,3%.

Die Exportzahlen bestätigen dabei eindrucksvoll den Trend zu größeren Yachten. Während die Anzahl der exportierten Segelyachten über 12 m Länge um 11,5% und bei Motoryachten im gleichen Segment um 23,5% zulegte, ist der Export von Segel- und Motorbooten unter 12 m Bootslänge deutlich rückläufig. Der Durchschnittswert exportierter Boote ist im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 20% von 27.800 Euro auf 33.500 Euro gestiegen.
 

Gebrauchtboote bleiben gefragt

Die Preise für Gebrauchtboote sind in den letzten Jahren deutlich gefallen. Jahr für Jahr gelangen rund 20.000 Boote und Yachten auf den Markt. Das eröffnet besonders für Neueinsteiger gute Chancen mit einem übersichtlichen Budget in den Bootssport einzusteigen und erste Erfahrungen zu sammeln.
 

Reparatur, Ausrüstung und Pflege

Der Bereich Reparatur, Ausrüstung und Pflege ist für die Branchenunternehmen ein wichtiges Standbein. Immer mehr Bootseigner geben den Service rund um das Boot in professionelle Hände, wollen sich ganz auf das Bootfahren konzentrieren und möglichst wenig der oft knapp bemessenen Freizeit in Arbeiten rund um das Boot investieren.

Auch an neuer Ausrüstung wird nicht gespart. An Bord soll es komfortabel und sicher zugehen. Moderne Heiz-, Kühl- und Kochtechnik ist ebenso gefragt wie zeitgemäße Navigations- sowie Informations- und Kommunikationstechnik. Mit einem Wort: Der Lebensstil an Bord soll möglichst dem zu Hause entsprechen. Darauf müssen sich Bootshersteller aber auch Hafenbetreiber einstellen. Digitale Diaspora an Bord oder in Häfen wird für immer mehr Bootsfahrer zum No-Go.

Service rund um die eigene Yacht und die entsprechende Ausrüstung an Bord lassen sich die Bootseigner viel Geld kosten. Rund 700 Mio. Euro investieren die rund 460.000 Bootseigner jährlich in ihre Yachten.

Entsprechend zufrieden sind die Unternehmen. 95% der Serviceunternehmen berichten von gleichbleibend hohen oder steigenden Umsätzen.

Weiteren Höhenflügen steht allerdings der nahezu leergefegte Markt an qualifizierten Fachkräften entgegen. Knapp 43% der Unternehmen wollen noch in diesem Jahr zusätzliches Personal einstellen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um technisches Personal. 40% der offenen Stellen entfallen inzwischen auf qualifiziertes Personal im kaufmännischen Bereich.

Der Bundesverband Wassersportwirtschaft unterstützt die Branche bei der Suche durch die zum Jahresbeginn an den Start gegangene Jobbörse www.bootsjobs.de. Sämtliche Branchen-unternehmen können diesen kostenlosen Service des Verbandes nutzen und über diesen Weg bundesweit nach geeignetem Fachpersonal Ausschau halten. Der Verband bewirbt die Plattform durch umfangreiche Werbemaßnahmen auf Online-Plattformen, in sozialen Netzwerken und den Spartensender DMAX. Damit soll nicht nur das einzelne Stellenangebot sondern die gesamte Bootsbranche als Arbeitgeber besser positioniert werden.
 

Chartermarkt wächst weiter

Vom allgemeinen gesellschaftlichen Trend „Nutzen statt Besitzen“ profitiert auch die Charterbranche. Viele Menschen wollen sich nicht mehr nur auf ein Freizeithobby festlegen, sondern verschiedene Freizeitaktivitäten nebeneinander betreiben.

Die Charterbranche folgt diesem Trend und bietet neben der Motor- oder Segelyacht flexibel buchbare Zusatzangebote an. Warum zwischen Bootfahren und Tauchen wählen, wenn man beides während eines Bootstörns haben kann. Ebenso wie beispielsweise die Mountainbike-Tour während eines Hafentages. Mehr Flexibilität bei der Urlaubsgestaltung ist Trumpf, erfreut Familie und mitfahrende Freunde, wertet den Bootsurlaub auf und bietet, so ganz nebenbei, zusätzliche Umsatzchancen für die Charterunternehmen.

Entsprechend der positiven Entwicklung setzte die Buchungsperiode ungewohnt früh ein. Bereits zur boot Düsseldorf 2019 war manches Wunschboot nicht mehr buchbar. Kein Wunder also, dass rund 92% der Hausbootvermieter zur Jahresmitte die Umsatzentwicklung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum als gleich gut oder besser einstufen. Ähnlich positiv verläuft die Saison an der Ostsee. Auch hier gingen die Kunden wie selbstverständlich davon aus, dass dem Supersommer 2018 ein weiterer folgen wird. Sie haben Recht behalten.

Im Bereich der Auslandscharter ist das Bild uneinheitlicher. Kroatien und die Balearen haben aufgrund des hohen Preisniveaus an Attraktivität eingebüßt. Deutliche Zuwächse verzeichnen Griechenland und die Türkei, obgleich das frühere Niveau noch in weiter Ferne liegt.

Ob sich der positive Trend in der Türkei fortsetzen wird, ist höchst unsicher. Ab 2020 will das türkische Tourismusministerium die Charterflottenbetreiber unter die türkische Flagge zwingen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass für die Yachten die türkische Einfuhrumsatzsteuer fällig wird und ein türkischer Mehrheitsgesellschafter an Bord kommen muss. Ob dazu die vielen (beispielsweise deutschen) Privateigner, die in Schiffe der Charterflotten investiert haben ihr Plazet geben, darf bezweifelt werden. Eine Verlegung der Flotten beispielsweise nach Griechenland erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen.
 

Tauchsport

Der Tauchsportmarkt wächst. Niemals zuvor haben sich so viele Unternehmen zu einer Beteiligung an der weltgrößten Tauchsportmesse im Rahmen der boot Düsseldorf entschieden. Allerdings sind es vor allem der Reisemarkt und der Ausbildungsbereich, die nach Beruhigung der politischen Lage in Ägypten mit Umsatzzuwächsen aufwarten können. Ägypten ist die für den europäischen Markt mit Abstand wichtigste Tauchsportdestination.

Die Tauchsportindustrie selbst rechnet für 2019 mit einem leichten Umsatzminus. Ursache ist der asiatische Markt, der deutlich rückläufig ist und den Herstellern zusetzt.
 

Ausblick

Die deutschen Wassersportunternehmen schauen weiterhin positiv in die Zukunft.
 

 


Seit 2015 schätzen rund 80% der Unternehmen die mittelfristige konjunkturelle Entwicklung unverändert als gleich gut oder besser als im Vorjahr ein. Dieser positive Blick ist kennzeichnend für die Wassersportbranche. Freizeitbranchen sind durch Optimismus geprägt. Für die Bereiche Ausrüstung & Zubehör, Service & Wartung, überhaupt allen Marktsegmenten, die von der vorhandenen Bootsflotte profitieren, gibt es tatsächlich wenig Anlass zur Sorge.

Im Gespräch mit Bootsherstellern und -händlern spürt man jedoch zunehmende Skepsis. Für das Jahr 2020 erwarten die Unternehmen einen gleichbleibenden Markt. Für die weitere Entwicklung werden konjunkturelle Einbußen nicht ausgeschlossen.

Neben internationalen Entwicklungen bremsen aber auch hausgemachte Probleme das Wachstum des Wassertourismus in Deutschland, der immerhin einen touristischen Bruttoumsatz von rund 7 Mrd. Euro generiert. Die wassertouristische Infrastruktur an den vorwiegend touristisch genutzten Bundeswasserstraßen (Nebenwasserstraßen) verfällt zusehends. Laut BMVI sind die Substanzreserven der 142 Schleusen und 120 Wehre bei einem erheblichen Teil aufgebraucht. Der Altersmittelwert liegt bei den Schleusen bei 105 und bei Wehren bei 75 Jahren.

Bereits 2016 hatte das Bundesministerium ein Wassertourismuskonzept vorgestellt.  Angekündigt wurden u.a. die Bereitstellung zusätzlicher Personal- und Haushaltsmittel sowie die Aufrechterhaltung der Befahrbarkeit der touristisch genutzten Wasserstraßen. Geschehen ist bis dato nichts. Es ist innerhalb von 3 Jahren nicht einmal gelungen den baulichen Zustand der Infrastruktur zu bewerten sowie die daraus folgenden Investitionsbedarfe zu konkretisieren und zu priorisieren. 

Stattdessen wurde 2019 die Schleuse Zaaren, die wichtigste Verbindung zwischen Berlin und der Müritz-Region, praktisch für die gesamte Saison gesperrt. Für die betroffenen Unternehmen bedeutet das Schäden in Millionen Höhe bis hin zur Existenzgefährdung. Für die Region einen Imageverlust, der nicht zu beziffern ist. Es wird höchste Zeit, dass der Bund seinen Verpflichtungen nachkommt und durch die Bereitstellung einer funktionstüchtigen Infrastruktur die Voraussetzungen für eine auch weiterhin positive Entwicklung des Wassertourismus in Deutschland schafft.

 

Köln, November  2019

 

Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.
Gunther-Plüschow-Str. 8
50829 Köln

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