Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.

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Ferne Fahrwasser im Fokus

 

So läuft‘s in den USA, Großbritannien, Frankreich und Italien: Ein Blick in die Jahresberichte der einzelnen nationalen maritimen Branchenverbände

Eine ganze Reihe von Faktoren macht derzeit der globalen Wirtschaft zu schaffen – das bekommt natürlich auch die Wassersportbranche zu spüren. Es begann im letzten Sommer in den USA mit höheren Zöllen auf Importe und der Antwort der Europäischen Union mit der Erhebung von Strafzöllen. Ende des Jahres sorgte der Shutdown aufgrund des nicht genehmigten Haushaltsbudgets der US-Regierung für einen zeitlich begrenzten Einbruch der Kaufkraft bei einem Teil der Bevölkerung. In Frankreich ließen die Protestaktionen der sogenannten Gelbwesten die wirtschaftlichen Wachstumshoffnungen dahinschmelzen. Die Ungewissheit ber den drohenden Brexit, den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union, zuerst auf den 29. März 2019 datiert, bei Redaktionsschluss auf den 12. April, 22. Mai oder auf wann und wie auch immer verschoben, veranlasste so manchen potenziellen Interessenten im EU-Raum, seine endgültige Kaufentscheidung zurückzustellen. Das zeigte sich auch deutlich auf der boot Düsseldorf im Januar 2019 und betraf vor allem Yachten mit längeren Lieferzeiten.

USA

„Die Branche befindet sich seit sieben Jahren in einer Aufwärtsbewegung, die voraussichtlich bis 2019 andauern wird, um noch mehr Menschen auf das Wasser zu bringen“, in den letzten fünf Jahren große Anstrengungen unternommen, um neue Produkte anzubieten, die Verbraucher mit unterschiedlichen Interessen und Budgets ansprechen und neue Käufer hervorbringen – insbesondere in den Bereichen Powerboote, Angel- und Pontonboote – das sind drei Kategorien beispiellosen Umsatzwachstums.“

Die NMMA meldet für 2018, dass der Absatz von neuen Motorbooten gegenüber 2017 um geschätzte vier Prozent auf rund 280.000 Einheiten gestiegen ist. Dies ist der höchste Stand seit 2007. Die Aussichten für 2019 sind weiterhin positiv. Es wird erwartet, dass das Umsatzwachstum bei Powerbooten abermals bei drei bis vier Prozent liegen wird. Der jährliche Verkauf von Booten, Marineprodukten und Dienstleistungen in den USA wird im Jahr 2018 auf 41 Milliarden US-Dollar geschätzt. Dies entspricht einem Plus von fünf Prozent gegenüber 2017. 95 Prozent der in den USA verkauften Boote wurden in den USA hergestellt. Gebrauchtboote: Schätzungsweise 998.000 Motorboote, Wassermotorräder und Segelboote wechselten ihren Besitzer. Dies ist der höchste Verkauf von Gebrauchtbooten seit 2006, der geschätzte Umsatz betrug 9,7 Milliarden US-Dollar, ein Plus von zwei Prozent gegenüber 2017. 95 Prozent der Motor- und Segelboote sowie Wassermotorräder sind trailerbar und bis zu 26 Fuß lang, der Gesamtbestand wird auf zwölf Millionen Boote geschätzt.

Die wesentlichen Bootskategorien beim Wachstum 2018: Angelboote fürs Binnenland: ein Plus von zwei bis vier Prozent auf 75.000 Einheiten. Sport- und Kabinenboote: ein Plus von sechs bis acht Prozent auf 68.000 Einheiten. Pontonboote: ein Plus von vier bis sechs Prozent auf 58.000 Einheiten. Wakeboardboote: ein Plus von neun bis elf Prozent auf 10.000 Einheiten. Kabinenboote (22-32 Fuß): ein Plus von zwei bis vier Prozent auf 9.000 Einheiten.

Insgesamt trägt die Branche (einschließlich Produktion von Booten, Motoren und Zubehör, Kosten für Dienstleistungen, Reparaturen, Marinas, das Fahren, Aktivitäten und Charter) mit 170,3 Milliarden US-Dollar zur US-amerikanischen Wirtschaft bei, schätzt die NMMA. Alles in allem bieten 35.000 Unternehmen rund 691.000 Arbeitsplätze.


Großbritannien

Die britische Marineindustrie erlebte 2018 das sechste Jahr ununterbrochenen Wachstums in Folge, wobei die wirtschaftliche Unsicherheit, Inflationskosten und geopolitische Spannungen das Wachstum dämpfen, berichtet der britische Branchenverband British Marine (BMIF). Das Geschäftsklima in der gesamten Branche ist weiterhin positiv, aber die anhaltende Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Beziehungen Großbritanniens mit der EU mindert dies. Das Vertrauen der Unternehmen hat sich von den Tiefstständen des EU-Referendums erholt. Die Vorteile der Abwertung des britischen Pfund in den letzten 24 Monaten haben die Wettbewerbsfähigkeit britischer Produkte im Ausland verbessert.

Der Gesamtumsatz der britischen Bootsbranche, die mit wenigen, aber bekannten Werften und einer ausgeprägten Zubehörindustrie stark exportorientiert ist und derzeit in 4.600 Unternehmen 33.076 Mitarbeiter beschäftigt, wird auf rund 3,2 Milliarden Euro beziffert. Darin enthalten sind Neuboote im Wert von 727 Mio. Euro.

Der Exportwert betrug 2017 insgesamt eine Milliarde Euro. Darin enthalten sind Boote im Wert von 680 Millionen Euro. Die Exporteure profitieren immer noch vom Wertverlust des britischen Pfund. Viele Werften melden volle Auftragsbücher von bis zu drei Jahren, obwohl sie für benötigte Materialien aus dem Ausland rund 20 Prozent mehr ausgeben müssen. Der Import von neuen Booten und Ausrüstungsgegenständen hat unter diesen Bedingungen am stärksten zu kämpfen, wobei weitere Kostensteigerungen zu erwarten sind. Auf die Produktionskosten wirken sich der Wertverfall des britischen Pfund ebenso aus wie die anhaltenden Handelsstreitigkeiten zwischen der EU, den USA und China, etwa durch Zölle und Quoten für Stahl- und Aluminiumimporte. Wie es mit den Zöllen für die aus USA importierten Boote weitergeht, wird man erst nach einem möglichen Brexit sehen.

Auf den heimischen Markt fokussierte Unternehmen, darunter Yachthäfen, Anbieter von Reparaturen und Refits, Dienstleistungen und Charterbooten, sehen problematische Herausforderungen wie beispielsweise eine alternde Kundenbasis, erhöhten Kostendruck und die ungeklärte Brexit-Frage. Nur noch 30 Prozent der für eine Studie von British Marine befragten Unternehmen blickten Ende 2018 optimistisch in die Zukunft. Ein Jahr zuvor waren es noch 41 Prozent.

Die Unsicherheit im Hinblick auf den Austritt Großbritanniens aus der EU und die Sorgen, wie sich die künftigen Beziehungen weiterhin entwickeln, schaffen Besorgnis in der Branche. Deshalb würde der britische Branchenverband eine Vereinbarung begrüßen, die das Risiko eines No-Deal-Brexits vermindert und eine Übergangszeit vorsieht, in der die zukünftigen Beziehungen zur EU ausgehandelt werden können. Ein noch ungeklärtes und bei den Brexit-Vereinbarungen zwischen Großbritannien und der EU noch nicht angesprochenes Problem sieht Lesley Robinson von British Marine im Mehrwertsteuerstatus von Yachten, die bereits auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht wurden. Ohne eine Vereinbarung wäre für Gebrauchtboote, die die neue Zollgrenze zwischen Großbritannien und der EU überqueren, wahrscheinlich erneut die Mehrwertsteuer fällig. Das dürfte schwerwiegende, negative Auswirkungen auf britische Broker und Bootshändler haben und wüprde sich wahrscheinlich auch auf künftige Verkäufe auswirken.


Frankreich

Mit einem Umsatz von 4,85 Milliarden Euro erwirtschaftete die französische Bootsbranche mit ihren rund 5.500 Unternehmen und 41.000 Mitarbeitern im Jahr 2017 wieder das Niveau von vor den Krisenjahren von 2007/2008. Das entspricht einem Wachstum von fünf Prozent gegenüber dem Jahr 2016. Dieses Wachstum basiert auf einer bemerkenswerten Entwicklung auf den internationalen Märkten. „In zehn Jahren stieg der Exportanteil von 62 auf 75 Prozent der gesamten französischen Bootsproduktion. Dieser Zuwachs trug dazu bei, das Beschäftigungsniveau von vor zehn Jahren wiederherzustellen“, sagt Yves Lyon-Caen, Präsident des Branchenverbandes Fédération des Industries Nautiques (FIN). Für 2018 erwartet der Verband einen Gesamtumsatz von 5,2 Millionen Euro und einen Anstieg des Exportanteils auf 76 Prozent. Die nachfolgend genannten Zahlen basieren auf den Ergebnissen des Jahres 2017.

Der Absatz von in Frankreich produzierten Neubooten wird mit 52.989 Einheiten (+ 3,7 Prozent), bei einem Umsatz von knapp 1,1 Milliarden Euro (+ 12,2 Prozent) angegeben. Das sind rund 23 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche, darunter 3.449 Segel und 11.190 Motorboote, 4.782 Kleinboote bis 2,50 m Länge und 33.568 andere Wasserfahrzeuge (wie beispielsweise Kanus und Kajaks).

Den größten Anteil an diesem Umsatz machte die Produktion von Segelbooten mit 664,5 Millionen Euro (+ 6,8 Prozent) aus, wovon 79,9 Prozent im Export realisiert wurden. In den 664,5 Millionen Euro sind Segelkatamarane, ein Segment, in dem Frankreich weltweit führend ist, mit 333,7 Millionen Euro (+ 3,5 Prozent) enthalten. Am Gesamtumsatz des Segelbootsegments hatte die Bootsklasse von 12 bis 15 m Länge den größten Anteil: Einrumpfboote trugen mit 27,17 Prozent, Mehrrumpfboote mit 19,27 Prozent zum Gesamtumsatz dieses Segmentes bei. Die Produktion von Motorbooten erreichte einen Umsatzwert von 406,5 Millionen Euro (+ 5,7 Prozent). Die Klasse zwischen 6 und 9 m Länge hatte mit 67,21 Prozent daran den größten Anteil.

Von den insgesamt 52.989 produzierten Booten entfielen 24.142 (45,6 Prozent) im Wert von 270 Mio. Euro auf den französischen Markt. 28.847 Boote im Wert von 816 Mio. Euro wurden exportiert: 15.617 Einheiten im Wert von 388 Mio. Euro in die EU und 13.230 Einheiten im Wert von 428 Mio. Euro in Drittstaaten. Importiert wurden laut ICOMIA 938 Segel- und 2.176 Motorboote im Wert von 283,6 Millionen Euro.

Insgesamt 12.585 Boote wurden 2017 neu in das französische Bootsregister eingetragen. Darunter 1.954 Segelboote, 9.559 Motorboote und 1.072 mit anderen Antrieben. Wobei sich bei den Segelbooten die Klasse bis 6 m Länge mit 769 Einheiten stückzahlenmäßig noch am stärksten ausnahm, obwohl in dieser Klasse ein Rückgang von 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. Auch bei den Motorbooten war die Klasse bis 6 m stückzahlenmäßig mit 5.338 Einheiten und einem erfreulichen Zuwachs von neun Prozent am stärksten vertreten. Interessant ist der Vergleich mit der Zahl der Neueintragungen im Boomjahr 2007: Sie lag bei 25.391 Booten und war damit rund doppelt so hoch
wie im Jahr 2017.

Mit einer Küstenlänge von 5.700 km und 8.500 km Binnenwasserstraßen ist Frankreich der größte Bootsmarkt in Europa. 499.066 Boote sind insgesamt registriert (Boote über 5 m Länge müssen registriert sein, Boote von 2,50 bis 5 m Länge nur dann, wenn die Motorisierung über 4,5 kW beträgt sowie Boote über 3,50 m Länge, wenn sie mit Muskelkraft angetrieben werden.)


Italien

Während die euroskeptische Politik und die haushaltspolitischen Auseinandersetzungen mit Brüssel das breitere Wirtschaftsleben in Italien beschatten, haben die italienischen Bootskäufer offenbar alle Bedenken abgelegt. „Der Gesamtumsatz der Branche hat in den letzten Jahren eine beeindruckende und konsolidierte Erholung erfahren“, konstatiert Carla Demaria, Präsidentin des italienischen Branchenverbandes Unione Nazionale dei Cantieri e delle Industrie Nautiche e Affini (UCINA). „Die Unternehmen haben wieder einmal auf die günstigen Winde der Branche vertraut, was unter anderem auf die hervorragenden Verkaufszahlen auf den führenden internationalen Bootshows zurückzuführen ist, die den Aufschwung des europäischen und italienischen Marktes gezeigt haben.“

63 Prozent der von der UCINA zur aktuellen Situation befragten Unternehmen prognostizieren für 2019 eine Steigerung des Umsatzes. 35 Prozent der Befragten erwarten eine Steigerung von bis zu fünf Prozent, 14 Prozent zwischen fünf und zehn Prozent und 14 Prozent über zehn Prozent. Für 28 Prozent der befragten Unternehmen wird 2019 ein stabiles Jahr sein, während neun Prozent einen Umsatzrückgang gegenüber 2018 erwarten.

Die vorläufigen Zahlen für 2018 zeigen ein Wachstum von 9,5 Prozent in der italienischen Bootsbranche im Vergleich zum Vorjahr. Insbesondere der Werftsektor verzeichnet einen Anstieg um 10,4 Prozent und der Ausrüstungssektor (Zubehör und Motoren) um 7,8 Prozent. Die endgültigen Daten für 2018, die sich auf die Bilanzen der Unternehmen der Branche stützen, werden auf der Genua International Boat Show im September präsentiert. Die nachfolgend genannten Zahlen basieren auf den Ergebnissen des Jahres 2017, die im September 2018 von der UCINA und der Fondazione Edison vorgelegt wurden.

Der Gesamtumsatz der italienischen Bootsbranche lag mit 3,88 Milliarden Euro um 12,8 Prozent höher als im Vorjahr. 65,5 Prozent des Gesamtumsatzes wurden auf ausländischen Märkten erzielt – zu rund einem Drittel davon in anderen EU-Ländern – und die restlichen 34,5 Prozent auf dem Inlandsmarkt.

Der größte Teil des Gesamtumsatzes wurde durch den Verkauf von im Inland produzierten Waren erzielt, die einen Wert von 3,23 Milliarden Euro erreichten und damit einen Anteil von 83,3 Prozent vom Gesamtumsatz ausmachten. 646 Millionen Euro entfielen auf den Import von Waren, die zu 74 Prozent aus anderen EU-Ländern eingeführt wurden. Der Gesamtumsatz wurde zu 56 Prozent im Yachtneubau (2,17 Mrd. Euro) erzielt, gefolgt von Ausrüstung (28 Prozent = 1,09 Mrd. Euro), Motoren (acht Prozent = 0,31 Mrd. Euro) und Umrüstung, Reparatur und Wartung (sechs Prozent = 0,23 Mrd. Euro). Die auf den italienischen Markt ausgerichtete nationale Produktion betrug rund 788 Millionen Euro, ein Plus von 15,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Bootsexport machte mit 1,9 Milliarden Euro 87 Prozent des Umsatzes im Yachtneubau aus. Der größte Teil entfällt auf das Motorbootsegment, bei dem Italien traditionell eine führende Position einnimmt. Zu den wesentlichen Absatzländern italienischer Werften zählen die USA mit fast 300 Millionen Euro Umsatz, Malta (247 Millionen), Cayman Islands (176,6 Millionen), Frankreich (130,8 Millionen) und die British Virgins Islands (127,7 Millionen). Bei drei von diesen Ländern sagt die Flagge allerdings wenig über die Herkunft der Eigner aus.

In Italien müssen Boote über 10 m Länge, die unter 10 m können registriert werden. Registriert sind 101.055 Boote, zu 80,3 Prozent Motorboote, zu 19,5 Prozent Segelboote und zu 0,2 Prozent Superyachten über 24 m Länge. Im Segment der Boote unter 24 m Länge entfallen 54,1 Prozent auf Boote bis zu 10 m Länge, 22,4 Prozent auf die Größenklasse von 10 bis 12 m, 20 Prozent auf 12 bis 18 m und 2,3 Prozent auf die Größenklasse von 18 bis 24 m. Die Zahl der nicht registrierten Boote wird auf 475.000 geschätzt.