Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.

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Stille Wasser mit Wermutstropfen


Der maritime Markt zur Jahresmitte: Branche im Sog des Jahrhundertsommers 2018 – Wolken über dem Sportboot-Markt – Konjunkturbarometer fällt

Wer sich im vergangenen Jahr für einen Urlaub in heimatlichen Gefilden entschieden hatte, lag goldrichtig. Die wochenlange Schönwetterperiode sorgte in Deutschland für ein Mittelmeer-Feeling, das man ohne lange Anreise und die dort üblichen Touristenmassen zu durchaus moderaten Preisen genießen konnte. Das bleibt im Gedächtnis und sorgt auch in der Wassersportsaison 2019 für gute Umsätze und dementsprechend für zufriedene Unternehmen.


Supersommer 2018 beflügelt die Branche

Das gilt ganz besonders für die Charterbranche, für die die Buchungsperiode ungewohnt früh einsetzte. Bereits zur boot Düsseldorf war manches Wunschboot bereits nicht mehr buchbar. Kein Wunder also, dass rund 92 Prozent der Hausbootvermieter zur Jahresmitte 2019 die Umsatzentwicklung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum als gleich gut oder besser einstufen. Ähnlich positiv verläuft die Saison an der Ostsee. Auch hier gehen die Kunden wie selbstverständlich davon aus, dass dem Supersommer 2018 ein weiterer folgen wird. Und sie scheinen Recht zu behalten, wie die aktuelle Wetterentwicklung zeigt.

Das zeigen auch die Ergebnisse des Branchenbarometers für die Bereiche Neu- und Gebrauchtboote. Ganz gleich ob Segel- oder Motorboote und weitgehend unabhängig von der Bootsgröße beurteilen jeweils 80 bis 90 Prozent der befragten Unternehmen die Geschäftslage als gleich gut oder besser als im Vorjahr.


Branchenprimus Sportboote schwächelt

Mit einer Ausnahme: Motorboote bis 7,5 m Länge. Hier berichten fast ein Drittel der Unternehmen von Umsatzeinbußen. Ausgerechnet der Primus der vergangenen Jahre hat also ein wenig Federn lassen müssen. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Ein Grund könnte sein, dass eine gewisse Marktsättigung eingetreten ist. Insbesondere der Bereich der kleineren trailerbaren Boote hat von der im Jahr 2012 eingeführten Führerscheinfreigrenze von 15 PS profitiert und für viele Neueinsteiger in den Bootssport gesorgt. Es ist offensichtlich, dass dieser Sondereffekt inzwischen abebbt. Im führerscheinfreien Bereich ist der Absatz an Außenbordmotoren in den ersten vier Monaten 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwölf Prozent gesunken. Entsprechend fällt die Konjunktureinschätzung der Bootsmotorenhändler aus. Ein Drittel der Händler berichten von Umsatzrückgängen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Der Trend zu größeren Booten und Yachten setzt sich fort. In der Kategorie der Boote über 12 m Länge berichten 91 Prozent der Segelboot- und 90 Prozent der Motorboothändler von gleichbleibend guten Geschäften. Das bestätigen auch die Finanzierer und Versicherer. Das Abschlussvolumen nimmt zu. Die Abschlüsse selbst werden tendenziell eher weniger.


Fachkräfte Mangelware

Im Bereich Service & Wartung bleibt die Auslastung hoch. 95 Prozent der Unternehmen berichten von gleichbleibend hohen oder steigenden Umsätzen. Immer mehr Bootseigner wollen Pflege und Wartung ihrer Yacht in professionelle Hände geben, um mehr Zeit für das eigentliche Hobby zu haben. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass dieses Marktsegment noch ein erhebliches Wachstumspotenzial in sich birgt.

Weiteren Höhenflügen steht allerdings der nahezu leergefegte Markt an qualifizierten Fachkräften entgegen. Knapp 43 Prozent der Unternehmen wollen noch in diesem Jahr zusätzliches Personal einstellen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um technisches Personal. 40 Prozent der offenen Stellen entfallen inzwischen auf qualifiziertes Personal im kaufmännischen Bereich.

Der Bundesverband Wassersportwirtschaft unterstützt die Branche bei der Suche durch die zum Jahresbeginn an den Start gegangene Jobbörse www.bootsjobs.de. Sämtliche Branchenunternehmen können diesen kostenlosen Service des Verbandes nutzen und über diesen Weg bundesweit nach geeignetem Fachpersonal Ausschau halten. Der Verband bewirbt die Plattform durch umfangreiche Werbemaßnahmen auf Online-Plattformen, in sozialen Netzwerken und auf dem Spartensender DMAX. Damit soll nicht nur das einzelne Stellenangebot, sondern die gesamte Bootsbranche als Arbeitgeber besser positioniert werden.


Konjunktur verliert an Fahrt

Die Unternehmen schauen weiterhin positiv in die Zukunft. Knapp 80 Prozent der Unternehmen glauben, dass sich die maritime Konjunktur mittelfristig besser oder gleich gut entwickeln wird. Dieser hohe Erwartungswert ist in den letzten fünf Jahren annähernd gleich geblieben. Dabei ist interessant, dass die Erwartungen immer deutlich über den tatsächlichen Ergebnissen lagen. Offensichtlich blickt die Bootsbranche tendenziell positiv in die Zukunft. Die Umfrageergebnisse zeigen seit 2017 einen klaren Trend. Wurde die aktuelle Geschäftslage 2017 noch von knapp 87 Prozent positiv bewertet, sind es in diesem Jahr lediglich noch 74 Prozent. Eine gewisse Erosion der Konjunktur ist unübersehbar.

Die allgemeinen Wirtschaftsdaten bestätigen diese Einschätzung. Zwar verkündete das Bundesministerium für Wirtschaft im Juni noch stolz, dass die deutsche Wirtschaft nun im zehnten Jahr in Folge wachse. Tatsächlich rechnet das Ministerium für 2019 aber nur noch mit einem minimalen Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsproduktes um 0,5 Prozent. Weniger positiv gestimmte Naturen würden hier wohl eher von Stagnation als von Wachstum sprechen.

Auch der Exportmotor ist ins Stottern geraten. Die international zunehmende Tendenz zur Marktabschottung, Brexit-Sorgen, aber auch verpasste Entwicklungstrends (z.B. E-Mobilität/Kfz-Bereich/China) schmälern die Exportchancen der deutschen Unternehmen. Negative Nachrichten können einen ebensolchen Einfluss auf die Konsumneigung der Verbraucher haben. Besonderen Grund zur Sorge sieht die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in ihrer Konsumklimastudie Juni jedoch nicht: „Bereits zum zweiten Mal in Folge verzeichnet das Konsumklima Verluste. Wesentlicher Grund ist der spürbare Rückgang des Einkommensindikators in diesem Monat. Dagegen kann die Anschaffungsneigung ihre im Vormonat erlittenen Einbußen mehr als wettmachen und zeigt eine im Großen und Ganzen stabile Entwicklung. Die Konjunkturerwartung geht aktuell nicht weiter zurück. Die Talfahrt der Konjunkturerwartung, die bereits Anfang 2018 begann, ist zumindest für den Moment Juni gestoppt.“

Ob diese insgesamt positive Bewertung auch auf die maritime Branche zutrifft, werden die Herbstmessen zeigen. Ein wenig Vorsicht ist zweifellos angebracht.