Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.

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Das Ende der unendlichen Geschichte

Staatssekretär Ferlemann verspricht: Masterplan für die Zukunft der Nebenwasserstraßen soll im Frühjahr 2021 vorliegen

Die unendliche Geschichte soll zu Ende gehen: So lassen sich die Worte von Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), auf einen kurzen Nenner bringen: Er versprach, den lang ersehnten Masterplan für die Zukunft der Nebenwasserstraßen im Frühjahr 2021 zu liefern.

2013 wurde erstmalig darüber gesprochen, seit Vorlage des Wassertourismuskonzeptes im Jahr 2016 warten die Betroffenen auf konkrete Ergebnisse. Auf einer Regionalkonferenz zur Zukunft der Nebenwasserstraßen in Oranienburg eröffnete Enak Ferlemann den offenen Dialog für die Weiterentwicklung des Wassertourismuskonzeptes. Im Fokus der Veranstaltung standen die Freizeitwasserstraßen inBrandenburg-Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. In Vorträgen wurden Anforderungen und Standpunkte von Bund, Land, Region, Verbänden und Unternehmen dargestellt. Seitens der Wirtschaft trugen BVWW-Geschäftsführer Jürgen Tracht und Caroline Boehnke vom Vercharterer Spree Marine ihre Bedenken, Ideen und Anregungen vor.

 Zu der Veranstaltung trafen sich neben Mitarbeitern der Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen auf Bundes und Landesebene, der örtlichen Industrie- und Handelskammern und der für den Tourismus zuständigen Stellen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auch zahlreiche Vertreter verschiedener betroffener Verbände, darunter ADAC, BVWW, DKV, DMYV, DOSB, DRV, DSV und DTV, um die aktuellen Herausforderungen für die Nebenwasserstraßen gemeinsam zu diskutieren. Dabei kristallisierten sich drei zentrale Themen heraus:

  • die Aufnahme der Sport- und Freizeitschifffahrt in das Bundeswasserstraßengesetz
  • die Schaffung einer Bestandsaufnahme über den aktuellen Zustand der Schleusen und Wehre und eine entsprechende Ableitung eines detaillierten Sanierungsfahrplans
  • die Einführung eines eigenständigen Haushaltstitels für die Nebenwasserstraßen im Bundeshaushalt und die Bereitstellung der dafür notwendigen Personalkapazitäten

In seinen Begrüßungsworten betonte Ferlemann: „Gerade im Nordosten hat sich der Wassertourismus zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Dabei stellen uns die teils historischen Schleusen und Wehre außerhalb des Kernnetzes vor große Herausforderungen. Aber: Wir stehen zu unserer Verantwortung für eine nachhaltige Wasserstraßeninfrastruktur. Darum erarbeiten wir jetzt gemeinsam mit Ländern, Verbänden und Kommunen einen Maßnahmenplan zur Verbesserung der Sport- und Freizeitschifffahrt auf den Nebenwasserstraßen.“ Das Bundesverkehrsministerium ist sich bewusst, dass die Bundeswasserstraßen außerhalb des Kernnetzes, die sogenannten Nebenwasserstraßen, zahlreiche touristische und ökologische Potenziale bergen. Die Freizeitschifffahrt hat sich zu einem gewichtigen Wirtschaftsfaktor in Deutschland entwickelt, und ihre Anforderungen und Bedürfnisse sind in den letzten Jahren gestiegen. Ebenso die Relevanz des Umwelt- und Naturschutzes und die Herausforderungen des Klimawandels. Auch Automatisierung und Digitalisierung werden in allen Bereichen immer wichtiger. Die Automatisierung der Schleusen ist dabei nur ein Beispiel, wie man den steigenden Anforderungen begegnet.

Voraussetzung für die Umsetzung des künftigen Masterplanes, so Enak Ferlemann, sei die Änderung des Wasserstraßengesetzes. Es soll klargestellt werden, dass die Bundeswasserstraßen auch dem (touristischen) Verkehr mit Sport- und Freizeitbooten dienen. Zudem seien entsprechende Haushaltsmittel
bereitzustellen. Das solle schnell in Angriff genommen werden. Ministerialdirektor Dr. Norbert Salomon, Leiter der Abteilung Wasserstraßen und Schifffahrt im Bundesverkehrsministerium, hält die Berücksichtigung von ökologischen Ansprüchen und Nachhaltigkeit bei der Verbesserung für die Infrastruktur für notwendig. Die sei bislang teilweise marode. Bei einem künftigen Ausbau müsse man Ideen aus der Region aufgreifen und auch die Digitalisierung, beispielsweise für die Abstimmung von Schleusungen, vorantreiben.

Hinsichtlich Bau und Sanierung von Schleusen waren einige der Teilnehmenden besorgt über den mangelhaften Zustand. „Zwischen 2015 und 2019 wurden in deren Sanierung 36 Millionen Euro investiert“, sagte Prof. Dr.-Ing. Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. „Für die Jahre 2020 bis 2024 sind weitere 55 Millionen eingeplant. Das Durchschnittsalter aller 314 Schleusen in Deutschland liegt bei 84 Jahren, die älteste datiert auf 1834.“ Immerhin soll in zwei Jahren die 1959 zugeschüttete Oranienburger Schleuse Friedenthal wiedereröffnet werden, die dann den Wasserweg in die Stadt ermöglicht. Ein wichtiger Schritt für den Tourismus auf und am Wasser, für den sich laut Hendrik Fischer von der Abteilung Wirtschaftsförderung im Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg 581 Unternehmen engagieren. Jeder dritte Urlauber im Land Bandenburg sei ein Wassertourist. „Dadurch,“ so Daniel Kurth, Landrat von Barnim und Vorsitzender der Wassertourismus Initiative Nordbrandenburg, „werden insgesamt 566 Millionen Euro Umsatz generiert.“

Jürgen Tracht vom Bundesverband Wassersportwirtschaft nannte konkrete Zahlen: In der Region gibt es 1.200 Charterboote, die zusammengerechnet an vier Millionen Tagen genutzt werden. Hinzu kommen noch 2,7 Millionen Tage, an denen Kanufahrer und -touristen unterwegs sind. Eine durcheinen Masterplan für die Nutzung der Nebenwasserstraßen verlässliche Basis ist aus seiner Sicht und der anderer Verbände (ADAC, BVWW, DKV, DMYV, DOSB, DRV, DSV und DTV) für die Bereiche Wassersport und -tourismus zwingend notwendig, nachdem seit 2013 Unsicherheit herrscht.

Verlässlichkeit dank besserer Abstimmungen bei Sanierungsarbeiten und dafür notwendiger Sperrungen mahnte Caroline Boehnke von Spree Marine an. Sie beklagte vor allem die schlechte Kommunikation zwischen der Verwaltung und privaten Wassertourismus-Unternehmen vor Ort, die während der Sperrung der Schleuse Zaaren auf der Route von Berlin an die Müritz im letzten Jahr zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien. Die Verbesserung der Kommunikationskette hat Prof. Dr.-Ing. Heinrich Witte an die erste Priorität gerückt, die Regionalkonferenz sei ebenfalls ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Der Rückblick hilft aber jetzt nicht weiter. Wir müssen so schnell wie möglich handeln und aus dem Blick zurück lernen“, sagte Witte.

In einer Mentimeter-Umfrage (Live-Abstimmung per Handy) priorisierten alle Teilnehmer ihre Wünsche, die in dem künftigen Masterplan berücksichtigt werden sollen. Als größter Wunsch stand im Raum, dass den Worten nun auch Taten folgen müssten. Bis Ostern wolle das Bundesverkehrsministerium den Prozess dafür in Gang setzen, sagte Gesa Schwoon, Referatsleiterin für das Management von Nebenwasserstraßen: „Die Potenziale des Tourismus sind längst nicht ausgeschöpft.“